Claudia Bucher. vom grund aufsteigend

27.08.-25.09.2011

Die Einzelausstellung von Claudia Bucher zeigt die Vielfalt ihres Schaffens. Ausgangspunkt für Performance, Zeichnung und Grafik ist die körperliche und sinnliche Auseinandersetzung mit ihrem Umfeld. Die Bewegungen des Körpers oder das Rinnen und Rieseln des Materials wird in ihren Arbeiten erfahrbar. Neben konventionellen Materialien wie Kohle, Tinte und Papier verwendet die Künstlerin auch organische Rohstoffe wie Zucker, Beeren, Wasser oder Schlamm. Für die Ausstellung im Benzeholz hat Claudia Bucher den Sommer über vor Ort gearbeitet. Eindrücke und Materialien vom See sind unmittelbar in ihre Werke eingeflossen. Bei ihrer Auseinandersetzung konzentrierte sie sich weniger auf den idyllischen Blick als auf das, was im Verborgenen, im Untergrund liegt.

Zwei Installationen rahmen die Ausstellung: Sie zeigen zum einen die Materialsammlung roh ausgebreitet und zum anderen von Unreinheiten befreites, klares Wasser. Im Erdgeschoss sind Gläser übereinandergestapelt und bilden transparente Türme; Wasser tropft von einem Behälter und wird von einer Schale aufgefangen, rinnt von einem Glas ins andere. Versuchsanordnungen, medizinische Apparate und Brunnenanlagen kommen einem in den Sinn. Verschiedenen Orts kann eine Mechanik von Hand betätigt werden, es kann gepumpt und an einem Seil gezogen werden. Das Poetische der gläsernen Lichtspiele und des tropfenden Wassers bildet unauflösliche Ambivalenzen mit der klinischen Reinheit der Installation. Die Transparenz im Erdgeschoss korrespondiert mit der dichten Materialfülle im Dachgeschoss. Durch das Dachfenster reicht ein mit Seilen verstrebtes Netz vom Seeboden in den Ausstellungsraum – Aussen und Innen werden durchlässig und verbinden sich zu einem Bild. Schlamm, Blätter und Grünzeug werden wie die Auslage eines Fundes beleuchtet. Modergeruch durchzieht den Ausstellungsraum und betont das Organische und Vergängliche des Materials, das in den feinen Spinnweben ihre Korrespondenz findet. Die beiden Installationen bilden ein für die Arbeiten von Claudia Bucher charakteristisches Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur, zwischen Klarheit und Wildheit und zwischen dem natürlichen Prozess der Veränderung und der künstlerischen Gestaltung.


Im Obergeschoss befinden sich Papierarbeiten und Objekte von Claudia Bucher. Material-ablagerungen werden als Prägungen, weiss in weiss, sowie als Spuren der im See gewaschenen dicken Papierbogen sichtbar. Die auf dem Boden liegenden Halbkugeln konservieren Schlamm, Algen, Federn und ähnliches Material in Gips und Beton. Neben dem Arbeiten mit Material – dem Zusammentragen, Stapeln, Formen und Formenlassen – finden sich auch figürliche Aspekte in den Grafiken und Abrieben der Künstlerin. Die Bilder zeigen Menschen in Aktion, meist die Künstlerin selbst. Über die Bewegungen – das Hochspringen, das Schweben in der Luft, das Eintauchen des Gesichts in eine Schale mit Wasser – werden Situationen, mehr noch Emotionen vermittelt. Das Ausschweifen des Tuches, das Blubbern des Wassers oder das Umherschweifen des Haares bringen beim Betrachter Assoziationen hervor, welche sich zu einer nie ganz aufgehenden Geschichte zusammenfügen. Gemeinsam ist den Ablagerungen, Druckgrafiken und Abrieben der ihnen zu Grunde liegende performative Prozess. Die körperliche Präsenz wird durch die zurückgelassene Spur in ihrer Absenz wahrnehmbar.

Bedeutsam an Claudia Buchers prozessorientiertem Arbeiten ist das Durchdringen von verschiedenen Materialien und Medien. Das Waschen im See kann für die Objekte als auch für die Performance aufgegriffen werden. Das eine entsteht aus dem anderen. Die Arbeit am und mit dem Material bringt Ideen für die Performance hervor und umgekehrt finden sich in den Fotografien und Grafiken performative Elemente, so wird beispielsweise Bewegung sichtbar und gewisse Zufälligkeiten greifen in den Druck- und Abriebprozess ein und verlangen von der Künstlerin, wie in einer Performance, das Sich-Einlassen und Reagieren auf den Moment.

Text: Annamira Jochim