Jörg Niederberger. Nichts als Farbe

06.03.-04.04.2010

Die Farbe ist einziges und autonomes Gestaltungsmittel des im Kanton Nidwalden lebenden und arbeitenden Künstlers Jörg Niederberger. Sie ist losgelöst von einem abzubildenden Gegenstand sowie von einer ihr zugeordneten Bedeutung. Die Farben werden nicht in klare Felder eingeteilt, vielmehr leben sie von einem gestisch wolkigen Auftrag, der im Übereinanderlegen von Schichten vielfältige Mischungen, Harmonien und Dissonanzen entstehen lässt. Die Farbflächen sind subtil strukturiert, dennoch hebt sich keine Kontur, keine Linie ab. Das Spiel der Farbe lässt sich nicht rational fassen, es zeigt sich als Prozess der Malerei selbst.

Der Künstler wählt bewusst grosse Formate, bei denen er während dem Malen den Überblick verlieren kann, um in die Fläche der Leinwand einzutauchen. In grossen Zügen bewegt er den Pinsel über die Leinwand. Doch der expressiven und direkten Arbeit folgen auch Momente des Innehaltens und Heraustretens, insbesondere weil gelegentlich zuerst eine Schicht trocknen muss, bevor der nächste Impuls, von neuem in den Malakt einzudringen, startet. Der Wechsel von Nähe und Distanz prägt auch die Wahrnehmung der Gemälde, deren Inneres sich erst nach und nach erschliesst und zugleich wieder verhüllt. Obwohl wir spätestens seit der Moderne und mehr noch seit dem Abstrakten Expressionismus der 50er Jahren mit ungegenständlicher Malerei konfrontiert werden, ist die reine Farbmalerei nach wie vor eine Herausforderung, da sie sich jeglichem Greifbarem verwehrt und dem Abzubildenden entzieht.


In den ersten beiden Stockwerken stehen grossformatige Leinwände mit vielen Farbschichten neben kleinen Arbeiten in Öl auf Papier bzw. Leinwand. Auch wenn die Werke teilweise aus Gemeinde Meggen Fragmenten früherer Phasen entwickelt wurden, sind alle direkt für die Ausstellung vor wenigen Tagen vollendet worden. „Sich wandelnd ruhet es“ ist ein mehrteiliges Werk, das gleich einem Paravent in den Raum gestellt werden kann, ganz Weiss und Dunkelgraugrün gehalten erinnert es an Japanische Tuschemalerei und doch birgt es in seiner Rohheit etwas der Schweizerischen Bergwelt ins sich. Die Konzentration auf das Nichts der ostasiatischen Meditation ist auch in anderen Werken von Niederberger anzutreffen, hier aber als Fülle an Farben und Dichte des Materials.


Neben der Malerei, die ohne Anlass oder Auftraggeber entsteht, ist Jörg Niederberger immer wieder an einer direkten Verbindung zwischen Farbe und Raum als Umgebung von Menschen interessiert. So entwirft der Künstler Leinwände, die für einen bestimmten Raum konzipiert sind wie beispielsweise das siebenteilige Flügelgemälde für die Kirche St. Josef in Gstaad oder er entwickelt zusammen mit Architekten wie EM2N oder Daniele Marques Farbkonzepte für Wohnüberbauungen, Schulen und Kliniken. Dieser Aspekt wird im Dachstock in Form von Modellen, Farbproben und Skizzen ausgebreitet.

Text: Annamira Jochim
Bilder: Ralph Kühne