8.11.–16.11.2025

Mit Sammlungswerken von Olivia Abächerli, Judith Albert, ALMA, Andrea Capella, Cornelia Capella, Ramon Feller, Edith Flückiger, Monika Kiss Horváth, Bessie Nager, Josef Steiger und einem Beitrag von Sara Stäuble

Die Kunstsammlung der Gemeinde Meggen wurde 1992 gegründet und wird seither laufend erweitert. Heute gehört sie zu den bedeutendsten Sammlungen Zentral-schweizer Gegenwartskunst. Die Werke reichen von zweidimensionalen Arbeiten bis hin zu grösseren Installationen. 1998 wurde mit einem Werk von Judith Albert das erste Video angekauft und der Grundstein für die Aufnahme digitaler Formate gelegt. Die Sammlungswerke werden, wann immer möglich, in den Räumen der Gemeinde ausgestellt oder via Artothek ausgeliehen. Videokunst hat hier einen schwereren Stand: Das Abspielen von Bewegtbildern benötigt eine technische Ausrüstung sowie eine regelmässige Wartung, welche oft fehlt. Mit "Red Carpet Moments" wird nun die Vielfalt der Videokunstsammlung sichtbar gemacht und der rote Teppich wortwörtlich ausgerollt.

Bessie Nagers Arbeit «In Liebe deine Freiheit» widmet sich dem Leben von Margaretha Anna Hedwig von Herwarth-Frey, genannt Gretel (1901-1978), und ihrer Schwester Helena, genannt Nelly (1904-1978), den letzten Privat-besitzerinnen des Schloss Meggenhorn, bevor das Anwesen 1978 an die Gemeinde Meggen überging. Im «goldenen Käfig» aufgewachsen, folgte Gretel der künstlerischen Ader ihrer Mutter, während Nelly sich als Tierschützerin engagierte. Nagers Videoarbeit ist eine Collage aus eigenem und gefundenem Material, Internetaufnahmen, Fotografien und Schallplatten aus Nelly Freys Sammlung. In die unterschiedlichen Lebenswege der Schwestern mischen sich somit Recherche, Fantasie und Archivmaterial zu einem dichten Porträt. Am Ende erscheinen blühende Bäume und die Worte «In Liebe deine Freiheit» - ein Zitat aus einem Brief von Gretel Frey: Appell und ironischer Kommentar zugleich.

Die Künstlerin Edith Flückiger (*1960 in Wien, lebt in Luzern) kombiniert Text, Bild und Ton. Poetische Zeilen fliessen über Bildschirme, als Projektion über Wandflächen oder spannen als Schrifttafeln Raum auf. «textpict» besteht aus einer Serie von experimentellen und geloopten Videoarbeiten. Texte erscheinen als visuelle Ereignisse, wobei Wörter auftauchen, verschwinden oder sich überlagern. Die zeitliche Dehnung ist typisch für Flückigers Praxis. Damit untersucht die Künstlerin wie Bedeutung (durch Worte) entstehen und vergehen kann. So laden ihre Videos dazu ein über Zeitlichkeit und deren Wahrnehmung zu reflektieren. Die Arbeit «erst hell, dann leicht, dann himmelhoch» ist ein Spiel mit der Vergänglichkeit. Zwei Kinder liegen am Boden – von der Sonne geblendet, fangen sie an zu lachen. Als sie aufstehen, bleiben die Abdrücke ihrer Körper am Boden zurück, welche nach bis nach verschwinden.

Die künstlerische Praxis von Cornelia Capella (*1965 in Zürich, lebt und arbeitet in Luzern) umfasst Fotografie, Installation und Videoarbeiten. 2000 entstand in Zusammenarbeit mit Andrea Capella (lebt und arbeitet in Kriens) das Video «FORTSCHRITT». Zu sehen ist eine Protagonist:in, welche:r rückgewandt immer wieder den Kreisel im Kreuzstutz Luzern umrundet. Mit der Videoarbeit wird die Linearität der Zeit hinterfragt und auf irritierende Weise die Möglichkeit verbildlicht, wie es wäre durch die Vergangenheit zu laufen.

Die Videos von Judith Albert (*1970 in Sarnen, lebt und arbeitet in Zürich) beinhalten eine künstlerische Erforschung der Wahrnehmung von Körper in Zeit und Raum sowie Themen der Vergänglichkeit. In «System 02» ist eine unter Wasser tauchende und vollkommen bekleidete Frau zu sehen, die sich in nahezu schwerelosen Zustand befindet. Rhythmisch bläst diese in einen Luftballon und lässt sich davon wiederum beatmen. Die einfache Handlung wird mit zunehmenden sanften Windungen ergänzt und weist auf die kurze Dauer der Überlebensstrategie hin. Die Arbeit «Träume und Visionen» wiederum widmet sich einer Schutzpatronin, die eine Autofahrt begleitet. Es sind minimalistische und scheinbar unaufgeregte Handlungen, die Alberts Werke durchziehen.

ALMA ist ein Kunstkollektiv, das 1987 von Alf Hofstetter (*1956 in Glarus, lebt und arbeitet in Luzern) und Max Markus Frei (*1958 in Luzern, lebt und arbeitet in Zürich) gegründet wurde. Die Arbeit «Bilder von Meggen» wurde 1993 für die Ausstellung im Benzeholz entwickelt. Via Umfrage gingen die Künstler auf die Bevölkerung zu und besuchten anschliessend 60 Haushalte. Mittels Filmkamera und Fotografie hielten sie fest, was ihnen gezeigt wurde – die schönsten Aussichten oder das Lieblingsobjekt. «Sträucher von Meggen» ist Teil der Gesamtinstallation und der dekorativen Bepflanzung von Hauseingängen gewidmet. Im Dachgeschoss wird die ganze Arbeit als Sammlungsobjekt präsentiert.

Mit der Verschiebung von Sichtweisen sowie dem Gefühl von Immersion kreiert Monika Kiss Horvárth (*1958 in Zug, lebt und arbeitet in Luzern) in ihren Videoarbeiten neue Wahrnehmungserfahrungen. «exit» zeugt von der Vorbereitung eines Sprungs – «skydive» versetzt die Betrachtenden in die Perspektive eines Fallschirmspringenden selbst. Im freien Fall befindend, eröffnen sich poetische Dimensionen – Existenz, Zeitlichkeit und das Verhältnis von Individuum zur Umgebung werden in eine körperlich-sinnliche Erfahrung übertragen.

Die Arbeit «Palus Horribilis – Der unheimliche Sumpf» von Josef Steiger (*1937 in Schlierbach – 2009 in Meggen) ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Ästhetik eines Morastgeländes. Dabei interessierte sich Steiger insbesondere für die symbolische Bedeutung eines solchen Ortes: Die dunkel gehaltene Bildwelt eröffnet Assoziationen zum Unbewussten, Unheimlichen und Verborgenen, wobei der Sumpf selbst als Spiegel menschlicher Ängste fungiert sowie als Metapher für die Auseinandersetzung mit dem Mystischen und Irrationalen.

Eigens für die Ausstellung kreierte Sara Stäuble (*1988 in Küssnacht, lebt und arbeitet Meggen) eine Videoarbeit, die sich auf subtile und atmosphärische Weise mit der Videokunstsammlung in Verbindung zur Wahlheimat Meggen auseinandersetzt. In «eins, zwei, drei“ versetzen wir uns in Kinderaugen – auf dem roten Teppich spielend, lassen wir Tag und Nacht vergehen, blicken aufs Wasser und beobachten neugierig das Insekt auf der Fensterscheibe. In ihrer Praxis verbindet die Künstlerin verschiedene Medien, partizipative Vermittlung und lokale Vernetzung. Oft sind ihre Themen persönlich-reflexiv, greifen Alltag, Identität oder Mutterschaft auf.

Ramon Fellers (*1988 in Uster, lebt und arbeitet in Basel) Arbeiten sind oft multimedial. Das Zusammenkommen von Rhythmik und Mechanik sowie der Umgang mit zeitlichen Abhängigkeiten innerhalb von Systemen spielen dabei eine wichtige Rolle. Auf dem Boden ist ein Stein zu sehen, wobei bei näherer Betrachtung ein Loch erkennbar wird, das den Blick auf einen Screen freigibt. Darauf zu lesen ist eine poetische Textarbeit des Künstlers, welches auf ein mögliches Innenleben des organischen Objektes verweist. Zu langsam oder zu schnell – sich an der Sommerzeit orientierend, befragt die Arbeit die Wahrnehmung von Zeitlichkeit.

In ihrer Praxis stellt Olivia Abächerli (*1992 in Bern, lebt und arbeitet in Bern) immer wieder Fragen nach dem Individuum und dessen Verhältnis zum Kollektiv. Was geschieht im Inneren, wenn die Welt draussen brennt?
Wenn persönliche Logiken entstehen und sich in Widersprüche verstricken? In der Videoarbeit auf Screen steht die Auseinandersetzung mit der persönlichen Positionierung im aktuellen politischen Klima im Zentrum – ein Versuch, der fortwährend scheitert.


Für das Equipment danken wir der Gemeinde Meggen / Werkdienst Meggen, dem KKL Luzern, Kunstmuseum Luzern und dem sic! Elephanthouse

Ko-Kuratiert von Fabienne Immoos, Sara Stäuble und Katrin Sperry

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Text: Katrin Sperry
Fotos: Mario Scialdone